Der HSV Absam hat einen Weltmeister im Bogenschießen!
Richard Mayer
Jahrgang 1958, Jurist, wohnhaft in Innsbruck, ledig, aber eine Tochter (seit 2000); seit 1994 in der Finanzverwaltung.
Der Weltmeister berichtet persönlich:
WBHC 2011Australien „Oben Auf“ (oder „Up Above“) in „Down Under"
Weltmeisterschaft in der Bogenklasse „Historical Bow“ nach IFAA-Regeln (WBHC 2011):
Der 3D-Bewerb fand vom 14.04.2011 bis 21.04.2011 in Australien (Wagga Wagga, NSW) ca in der Mitte zwischen Melbourne und Sydney im Landesinneren statt.
Man schießt dabei an insgesamt vier Tagen auf jeweils unterschiedlichen Parcours mit Pfeil und Bogen auf je 28 möglichst naturgetreu im freien Gelände aufgestellte und aus Schaumstoff geformte Tiere bzw. deren zweidimensionale Abbildungen (bebilderte Folien, die auf Karton geklebt und auf pfeilschonendem Material (sog. „Dämpfern“) fixiert werden). Maximale Entfernung für die „traditionellen“ Bogenklassen ohne Visiereinrichtungen ist ca 56 Meter. Die Bogenjagd auf lebende Tiere (einschl. Fische!) ist in Österreich verboten. Andere Länder wie zB in Afrika, Amerika und Australien erlauben die Jagd mit Pfeil und Bogen. Allerdings werden dafür dann jedenfalls andere Pfeile und meist auch stärkere Bogen verwendet, sowie mancherorts auch der Nachweis einer speziellen Ausbildung für die Bogenjagd verlangt. Bei der WBHC mussten allerdings auch die eingefleischtesten Jäger auf die Jagdpfeile verzichten.
Begonnen habe ich das Bogenschießen in Zams bei Landeck beim BSC Zams Tirol. Seit meiner Rücksiedlung nach Innsbruck ist mein Hauptverein der „HSV Absam Zweigverein Bogensport“.
Wie kommt man auf eine Bogen-WM nach Australien?
Jedenfalls muss man eine gültige Lizenz des Bogensportverbandes haben. Die berechtigt zwar jetzt nicht zum Töten, aber weist nach, dass man einem dem internationalen Verband angeschlossenen Bogensportverein angehört (und seinen Mitgliedsbeitrag auch bezahlt hat).
Wir haben uns als gute Freunde zu dritt in Innsbruck zusammengeschlossen. Unsere Dame (Maria Werth) wurde Vize-Weltmeisterin bei den Langbogen-Damen, der zweite Mann (Christoph Kornberger) 4. bei den Langbogen-Herren (knapp geschlagen vom neuseeländischen Meister, was durchaus keine Schande ist). Die 13 österreichischen Teilnehmer konnten insgesamt 9 Gold- und Silbermedaillen (zB 1. und 2. bei den Herren Langbogen!) und noch 2 vierte Plätze holen. Unser Standard ist in diesem Sport ungeachtet der kargen Medienpräsenz sehr hoch-umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass im Land noch mehrere sehr gute SchützInnen sind, die die teure und weite Reise nach Australien nicht machen konnten/wollten.
Man zahlt also die Nenngebühr (ca. 100 Euro) ein und füllt das Anmeldeformular beim Österreichischen Bogensportverband aus. Beides wird von dort nach Kontrolle der gültigen Lizenz an den australischen Veranstalter weiter geleitet.
Damit ist dann die Hilfe von offizieller Seite zu Ende. Den Rest muss jeder selbst organisieren, buchen und natürlich auch selbst bezahlen – medienwirksame Einkleidung, gemeinsame Flüge, Bustransfers, Botschafterempfänge, Pressekonferenzen, Massageteam, Serviceteam, eigenes Flugzeug, eigener Koch uä gibt es nur in anderen Sportarten. Dafür bleiben uns andererseits „mitreisende Funktionäre“, Blutwäschen und Anrufe des „Ö3-Callboy“ erspart. Überschlagsmäßige Kosten: Flug nach Melbourne ca 1.300 Euro, Mietwagen ca 150 Euro anteilig, Zimmer ca 150 Euro anteilig. Essen und Trinken geht dann nur mehr begrenzt anteilig. Ach ja, wer noch ein offizielles T-Shirt tragen will, damit die Nation evtl. optisch einheitlich wirkt, kann um ca 30 Euro eines bestellen (mit dem eigenen Namen drauf kostets dann mehr). Wenn man eine österreichische Flagge zeigen will, kann ich für den günstigen Einkauf die Souvenirgeschäfte in der Innsbrucker Altstadt empfehlen, am besten bei Restbeständen nach einer erfolglosen Fußball-EM. Die Sticker mit der Aufschrift „No kangoroos in Austria“ kamen auch gut an. Man kann also für die WM allein mit ca. 2.000 Euro rechnen.
Wohlgemerkt: Zu diesem Zeitpunkt hat man noch keine Ahnung, ob man dann beim Bewerb vorne mitmischen kann, oder evtl. – wie es leider einer österreichischen Teilnehmerin passierte - mit einer Nagelbettentzündung am Finger nur zuschaut und Ausflüge in die Umgebung macht. Wobei der „Ausflug“ in die dortige Klinik der weitaus Teuerste war, weil ja die Behandlung vorab einmal ausgelegt werden musste.
Unter diesem Gesichtspunkt - und damit es nicht doch am Ende noch zu billig wird - haben wir drei eine Urlaubsreise von 3 Wochen an die WM angehängt.
Noch hier in Innsbruck beginnt man dann, Bogenausrüstung und sonstiges Gepäck für 4 Wochen (inkl. Foto-, Reit-, Schwimm-, Tauch- und Wanderutensilien) auf insgesamt 23 Kilo (plus 8 KG Handgepäck) erlaubtes Fluggepäck zu reduzieren. Walt Disney´s Schrumpfmaschine wäre da ideal, ich musste leider diverse Sachen (eigentlich das Meiste) wieder aus der Tasche herausfischen. Außerdem hätte ich ja in Australien wieder eine De-Schrumpfmaschine gebraucht und damit wäre die Gewichtsgrenze wohl endgültig auf diesem Weg überschritten gewesen.
Visum nicht vergessen! Übrigens: Wenn auf dem ansonsten recht wirr mit Abkürzungen und Codes gefüllten A5-Ausdruck irgendwo das Wort „error“ vorkommt, ist das Visum ungültig und hat eben nicht richtig die elektronische Prozedur durchlaufen-das hat eine(r) von uns am Frankfurter Flughafenschalter bei der Verweigerung des Boardingpasses im Transfer erfahren. Der Weiterflug für den(die)jenige(n) war nur möglich, weil wir nicht „gewerblich“ unterwegs waren und daher gleich gegenüber noch schnell ein Privatpersonen-Visum kaufen konnten. War ein Fehler des Reisebüros, das Geld wurde dann später refundiert, hat aber jedenfalls für einen Adrenalinschub gleich zu Beginn gesorgt.
Im Zug der Reisevorbereitung findet man dann auch noch seitenweise Quarantänevorschriften der Australier—mittlerweile sehr streng, insbesondere, wenn man bedenkt, wer und was in frühen Zeiten dort aus- und einging…
Holz (Bogen und Pfeile), Federn (Naturfedern der Pfeile), Profilsohlen (wegen Kontaminierung durch Erde) und Leder (Pfeilköcher uä) stehen ganz oben auf der Begutachtungsliste. Dem Vernehmen nach hat ein Weltumreisender ca 2.800,- Euro für das Desinfizieren seines im Container von Afrika herübergeschifften Geländewagens zahlen müssen, bevor er damit aus dem Schiff rauskam.
Da wir unsere Holzsachen nicht gegen Gebühr ca 30 Minuten bei 60 Grad Celsius abdampfen oder vernichten lassen wollten (das Ergebnis wäre wohl ohnehin das gleiche gewesen), haben wir also unsere Bogen und Schuhe säuberlichst geputzt, das Bienenwachs für die Bogensehnen und die Lederköcher daheim gelassen (spart ja auch wieder Gewicht) und nur nagelneue Pfeile ohne Tiroler Heimaterde (die sollte ja gut sein gegen Heimweh?) mitgenommen.
Die Bogenausrüstung kam dann in 3 Regenabfluss-Plastikrohre, die natürlich Fluggepäck-Überlänge hatten und extra eingecheckt und abgeholt werden mussten. Zudem verpackten wir als misstrauische Flieger (Stichwort: Gepäckverlust!) die Ausrüstungen möglichst gemischt in unseren 3 Rohren. Der gefinkelte Plan hatte dank konsequenter Inkompetenz des Londoner Flughafenpersonals leider bei der WM 2009 (auch mit Christoph unterwegs) schon einmal versagt: Damals kamen dann eben beide Rohre mit den Ausrüstungen erst am Nachmittag vor dem Beginn der Weltmeisterschaft in den USA verspätet bei uns in Yankton (South Dacota) an—per Taxi auf Kosten der Fluggesellschaft, 2x je ca 250 km Fahrtstrecke vom Flughafen. Quantas liefert fehlgeleitetes Gepäck laut ihren „Vorschriften“ nur aus, wenn keine Einreisekontrolle nötig ist (s. aber Quarantäne!). Unsere Bogenstadt wäre diesmal ca 450 km vom Flughafen Melbourne entfernt gewesen…
Ich wundere mich heute noch, dass wir 3 nicht vom Innsbrucker Flughafen-Security-Team verhaftet wurden, als wir beim Vorab-Einchecken unsere „gefährlichen“ Materialien in der Halle am Boden ausgebreitet und in unsere 3 Rohre neu verteilt haben. Zugegeben, es war recht menschenleer dort und es wurde uns noch beim Einchecken und Durchleuchten des Gepäcks freundlich viel Erfolg bei der Bogen-WM gewünscht. Das hat dann ja auch geholfen.
Anreise und Bewerb:
Die Anreise ging planmäßig vonstatten. Die Quarantänekontrollen in Melbourne erfolgten nach ein paar aufklärenden Worten über den Zweck unserer Einreise sehr schnell und zügig durch Durchleuchten unserer Rohre - verbunden mit der freundlichen Einladung, uns doch am Schirm einmal unsere Ausrüstung mit anderen Augen anzusehen. Auch unsere Medikamente waren schon mit Namen und Menge von uns aufgelistet worden und alle Visa mittlerweile in Ordnung. Es wird wohl noch öfter erwähnt werden: Die Australier, die wir trafen, präsentierten sich durch die Bank als freundliche, herzliche und hilfsbereite Menschen. Auch bei der Ausübung ihres Jobs zB Passkontrolle, Einreise, Flughafen-Checkin etc bleibt immer Zeit für ein offenes Lächeln und einige freundliche Worte. Ich hatte den Eindruck, dass das auch den dortigen Beschäftigten den Tag leichter machte. Das System funktioniert natürlich nur, so lang auch die Beamtshandelten sich an die Regeln halten. In typisch englischer Manier schwingt bei allen Verbotsschildern unterschwellig eine saftige Drohung mit. Besonders schön formuliertes Beispiel: „Your cooperation will prevent the need of prosecution.“ Das wäre doch einmal eine griffige Formulierung für unsere Steuerbescheide!
Das Bogengelände war ca 20 km von unserer Unterkunft in Wagga Wagga entfernt, also dort fast „über die Straße“, aber doch nicht erreichbar ohne Mietwagen. Mit dem Kleinwagen (glaublich ein „Getz“) waren wir schon aus Melbourne sofort direkt vom Flughafen gekommen, bevor uns der Jetlag einholen konnte. Der zuerst zugeteilte Wagen war offenbar der dortige Methusalem und hatte neben kleineren Dellen einen Streifen Abrieb am inneren Laufflächenrand des Vorderreifens. Wir wollten dann einen ohne Schaden an der Lenkgeometrie und bekamen einen neuen Wagen-keine Probleme mehr.-Linksverkehr! Zum Glück sprach unser von zu Hause mit australischen Karten mitgebrachtes Navi auch drüben Deutsch. Zum Gegencheck hatte ich unter dem Deckmantel „Lesestoff“ ca 1,5 kg Straßenkarten im Handgepäck mitgenommen.
An der Leitplanke der Zufahrtsstraße zum Bogengelände lungerte malerisch drapiert (dem Gerücht nach von vorbeifahrenden Bogenschützen so hingelehnt) ein mannsgroßes überfahrenes Känguruh. Gut, dass wir es gleich am 1. Tag fotografiert haben, weil am 4. Tag kam der Geruch dann schon im Vorbeifahren ins Auto. Wir kauften daher vorsichtshalber das Känguruhfilet doch im Supermarkt. Es schmeckte exquisit und wurde zur gewohnheitsmäßigen Bestellung auf der weiteren Reise.
Wagga Wagga hat ca 50.000 Einwohner und bedeutet in der Ureinwohner-Sprache „viele Krähen“. „Wagga“ ist eine Krähe, für die Mehrzahl wird das Wort wiederholt. Ein Krähenschwarm wäre dann wohl „Wagga Wagga Wagga“.
Die Temperaturen im April waren leicht herbstlich, also gut erträglich-die Jahreszeiten sind ja umgekehrt. Sonnenschutz wurde trotzdem dringend empfohlen. Unter Faktor 30 findet man kaum was in den Regalen. Das Ozonloch ist noch immer vorhanden, das Licht bei blauem Himmel sehr intensiv. Am Morgen saßen farbenprächtige Sittiche zum Aufwärmen in den Baumwipfeln des lockeren Eukalyptuswäldchens am Parcours, hinter den Trainingsscheiben verschwanden einige Känguruhs sicherheitshalber, wenn die Bogenschützen für ihr Training auftauchten. Die Prozeduren kannten wir schon: Die Ausrüstungen wurden bei der Anmeldung kontrolliert und dann erhielt jede(r) seine Wettbewerbsunterlagen und eine zu tragende Kennnummer mit Namen und Nationalität-das ist recht angenehm für die Konversationen, verpflichtet natürlich auch zu höflichem Auftreten. Überhaupt wurde jeden Tag beim Briefing am Morgen daran erinnert, dass auch Jugendliche anwesend wären und daher nur ja keine „rude words“, also Fluchereien, auf den 4 Parcours verwendet werden dürften. Ähnlich streng waren sie dort nur noch mit dem Rauchverbot-unvorstellbar, was ein Feuer mit ca 500 bis 600 Menschen im ausgetrockneten Gelände bedeutet hätte. Den Erzählungen nach flammen die ölhaltigen Eukalyptusbäume bei einem Buschbrand explosionsartig auf.
Mit dem Rauchverbot hatte ich als Nichtraucher weniger Probleme als mit dem Fluchen. Wenn mal wieder ein Pfeil das Ziel um 1 cm verfehlt, obwohl man ihn ganz besonders sorgfältig auf die Reise geschickt hat, bräuchte man manchmal ein Ventil für die Psychohygiene. Nicht hilfreich ist dabei das aus dem Busch schallende extrem höhnische „Gelächter“ des Vogels, dessen Name „Lachender Hans“ noch untertreibt - eine Art 30 cm großer Eisvogel, der aber in Ermangelung von Flüssen auf Insektennahrung umgestiegen ist.
Betreffend die zum Teil tödlich giftigen einheimischen Schlangen beruhigte man uns damit, dass diese sich verkröchen, wenn so viele Menschen unterwegs seien. Da es aber auch noch einige hochgiftige Spinnen dort gibt und diese weniger leutscheu sind, habe ich meine fehlgegangenen Pfeile im australischen Busch mit Vorsicht gesucht.
Es gab keine Zwischenfälle, soviel ich weiß, und die Organisation war familiär freundlich und dabei aber vom Ablauf her vorbildlich. Beim „Einzug der Nationen“ wurde die jeweilige Nationalhymne von einer Militärmusikkapelle angespielt. Ich hatte den Eindruck, dass die Sequenz bei den 3 Mongolen etwas kurz geriet, während hingegen die österreichische Hymne offenbar vollständig bekannt war und wirklich lange gespielt wurde.
Überhaupt gibt es eine recht intensive Beziehung zwischen Australien und Austria. Die „Australier“ werden manchmal auch mit den Österreichern verwechselt, etliche haben europäische Vorfahren, an die sich gern erinnern und es erfolgt ein reger gegenseitiger Austausch von fehlgeleiteten Paketen und Poststücken. Die Australier wissen also im Gegensatz zu vielen anderen Weltbürgern von unserer Existenz trotz der Kleinheit am Globus.
Der WM-Bewerb selbst verlief für mich recht spannend: Am 1. Tag (Schaumstofftiere) konnte ich mich in meiner Klasse an die Spitze setzen. Ab dann werden die Gruppen der Schützen nach ihrer Reihung zusammengestellt, sodass ich den ganzen Tag mit meinen unmittelbaren Konkurrenten und Verfolgern auf Tuchfühlung war. Jeder muss dann also auch die Nerven haben, das Ergebnis laufend zu verfolgen.
2 Australier kristallisierten sich als unmittelbare Konkurrenten heraus, beide in Australien (wie die meisten) engagierte Jäger vor dem Herrn. Wie sich dann später herausstellte, nicht ganz unerfahren im Bogensport und recht würdige Gegner. Immerhin schlossen die beiden dann auch später mit dem 2. und 3. Platz die große Nationale Meisterschaft ab, die am Wochenende nach der WM in Wagga Wagga stattfand.
Am 2. Tag (zweidimensionale Tierbildauflagen auf „einheimische“, also für uns Europäer eher ungewohnte Tiere) rutschte ich mit einem Rückstand von 5 Punkten auf den 2. Rang zurück. Am 3. Tag (Schaumstofftiere) konnte ich mich wieder mit ca 20 Punkten Vorsprung an die Spitze setzen, beide Australier waren punktegleich hinter mir. Diese 20 Punkte sind mit evtl. 2 Fehlschüssen recht schnell verloren, sodass wir mit ziemlicher Spannung in den letzten Tag gingen-Es waren wieder Tierbildauflagen zu treffen, die mich schon am 2. Tag in Rückstand gebracht hatten. Es blieb also bis zuletzt interessant, aber ich konnte meinen Vorsprung über den Tag retten.-Mein erster Weltmeistertitel, mein bisher größter sportlicher Erfolg! Erwähnenswert ist evtl. noch, dass es beim Historical Bow bei der WM dzt. keine Jugend- oder Seniorenklasse gibt, sondern alle in der „allgemeinen Klasse“ gewertet werden.
Das Erfolgsrezept für diese WM: Solider Lebenswandel (nicht nach 2 Uhr schlafen gehen), ausgewogene Ernährung (Känguruhfilet mit australischem Bier, kubanischem Rum und irischem Whiskey), nette Reisekameraden und eine Portion Schussglück.
Die Australier sind wie erwähnt ein überaus freundliches und hilfsbereites Volk. Mit den 2 Australiern, die mit mir sehr sportlich und mit großer gegenseitiger Wertschätzung um den WM-Titel gekämpft haben, tauschte ich noch einige Zeit die neuesten Informationen über unseren „Ötzi“ aus. Es sind übrigens recht viele in "Down Under" sehr interessiert an den Geschichten um unsere Ötzi-Mumie. Das eine oder andere konnte ich ihnen dazu aus dem Hintergrund erzählen.
Als Ausgleich hatten sie dann wieder einige Geschichten über ihre tödlich giftigen Schlangen und über die Bogenjagd auf Hunde, Katzen uä zu bieten.
Die Bogenjagd auf diese Tiere sowie auf Schweine, Kaninchen und Känguruhs wird offenbar vom Staat bzw. Bogenverband gefördert. Aber nicht aus Roheit, sondern aus nachvollziehbaren sachlichen Gründen: Die größeren Känguruhs und die eingeschleppten Kaninchen sind Konkurrenten der Weideflächen und haben sich seit den Rodungen der Siedler zu Millionen vervielfacht (obwohl das Fleisch gut schmeckt, was normalerweise eigentlich ein Garant dafür ist, dass eine Tierart recht schnell vom Menschen ausgerottet wird...). Die anderen bejagten Tiere wurden wie die Ratten von außerhalb nach Australien eingeschleppt und gefährden die einheimische Pflanzen- und Tierwelt (Koalas, wilde Vögel wie zB Kakadus, Wellensittiche, Zebrafinken etc, sowie kleinere Beuteltiere).
Für den Abend des letzten Parcourstages der WM waren wir bei einer Bekannten eines australischen Bekannten, die uns vorher noch nie gesehen hatte, eingeladen und wurden herzlich bewirtet und bekocht. Am nächsten Tag fanden die Siegerehrung und ein Bankett statt, danach fuhren wir schon in den Urlaub nach Melbourne ab.
Weitere Reise: Flug nach Alice Springs, dort eine 3-Tagestour zum Uluru (Ayers Rock) und Umgebung; dann Flug nach Cairns, von dort mit dem Mietwagen noch weiter nach Norden bis Port Douglas. Von dort machten wir mit dem Auto noch Ausflüge weiter Richtung Norden in den Regenwald (Kap "Tribulation", Krokodilbesichtigungen mit dem Solarboot, Ausritt am Strand etc). Und Tauchen am Great Barrier Reef mussten wir auch. Der Tauchplatz ist über 70 km weit draußen vor der Küste--jedes Mal vor dem Weiterfahren des Bootes wurden die ca 80 Passagiere mindestens 4 Mal von der ganzen Crew durchgezählt-damit nur ja niemand 70 km vor der Küste draußen im Wasser bei den Weißen Haien, Quallen, Feuerkorallen, Salzwasserkrokodilen und ähnlichem wehrhaftem Getier vergessen bleibt.
Nach Port Douglas ging´s wieder mit dem Flugzeug von Cairns nach Sydney und nach ein paar Tagen von dort wieder heim.
Ein intensives Programm, aber alle unsere Planungen gingen reibungslos auf. Unsere Ankunftszeit wäre allerdings noch fast ins Wanken geraten, da in Singapur ein außerplanmäßiger Flugzeugtausch erfolgte, der uns fast den Anschluss in Frankfurt kostete (und einen Halbmarathon durch den Frankfurter Flughafen zur Erlangung unserer Bordkarten bescherte): Der Motor gleich neben unseren Sitzen zog in der Nähe von Djakarta für einige Minuten einen Schweif von brennenden Gasen wie ein Komet hinter sich durch den Nachthimmel. Die meisten haben es ohnehin nicht bemerkt, das verständigte Flugpersonal reagierte mit professioneller Lässigkeit (aber doch einer gewissen Umtriebigkeit…) und ich sah uns schon in Djakarta nach einem Sturzflug Zwischenstation machen. Der Pilot meinte dann, es sei nichts Besonderes gewesen, aber immerhin mussten wir dann ein anderes Flugzeug nehmen und ich kann in Zukunft gern auf den farbenprächtigen Anblick verzichten.
Die Heimkehr
Als Weltmeister wurde ich am Flughafen Innsbruck von 2 Freunden mit Transparent und Sekt gebührend empfangen - die fassten dann gleich je einen Strafzettel aus, weil sie in der (am Vormittag unter der Woche komplett menschenleeren) Ladezone standen - rechtlich nichts dran zu rütteln, aber halt doch ein Unterschied zu anderen WM-Empfängen.
Aber im Finanzamt Innsbruck hatte man meinen Erfolg sehr wohl schon registriert. Laut „Spaß-Türschild“ wurde ich bei meiner Rückkehr unter "Richard Mayer vulgo "Robin Hood"“ geführt. Zu viel darf ich mich aber damit wohl nicht identifizieren, weil der ja eigentlich seinerzeit gerade die Steuereintreiber überfallen hat.
Mein Weg zum Bogensport:
Während meiner Zeit in Landeck betrieb ich dort ua den Reitsport. In diesem Zusammenhang wollte ich aus Neugier das Bogenschießen vom Pferd probieren (s. a. Lajos Kassai im Internet). Letztlich blieb ich aber mit den spitzen Ausrüstungsgegenständen lieber doch am Boden, ua da unsere Landecker Militär-Haflinger sich mit Hilfe der ständig wechselnden Präsenzdiener eine ausgefeilte Reiter-Abwurf-Technik selbst beigebracht hatten.
Ich kaufte also ca 2003 einen gebrauchten Reiterbogen des ungarischen Herstellers „Grozer“. Beim Probeschießen zum Kauf im Gelände hatte ich dann schon einige Pfeile ruiniert, die mir gar nicht gehörten—also musste ich den Bogen eigentlich schon aus moralischen Gründen kaufen (samt einer guten Handvoll Holzpfeile natürlich).
Da ich das Pfeileschießen durch Versuch und Irrtum im Selbststudium lernte, erlangte ich im Verlauf von ca 2 Jahren genaueste Kenntnisse von Bodenbeschaffenheit (meist steinig) und Pflanzendecke (besonders beliebt: steinharte Baumstämme und flauschiges pfeileschluckendes Erikakraut) in der Umgebung von Zams und auf diversen Tiroler Parcours.
Bis nach Tristach führten mich gleich zu Beginn meine Suche nach sportlichen Ehren und meine Neugier. Zum Glück gab es dort beim Dolomitenturnier immer eine Tombola mit Losverkauf - so schleppte sogar ich dann von diesen Turnieren reiche Beute aus Osttirol heim. Die Platzierungen lagen so um den vorletzten Platz, weil ich mit dem Reiterbogen bei den technisch eher hochwertigen „Recurvebogen“ eingestuft war-dafür hätte ich mit Carbonpfeilen schießen dürfen.
Ich benutzte damals angesichts meines Verschleißes auch jede Gelegenheit, etwas billigere Pfeile zu kaufen. Daher habe ich daheim eine große Sammlung sehr verschiedener, nur mehr bedingt bis gar nicht für mich geeigneter Holzpfeile. Gar nicht zu reden von wichtigem Spezialwerkzeug, um Pfeile oder Teile davon wieder aus Superhart-Dämpfern oder aus eigentlich zu vermeidenden Holzbalken herausoperieren zu können. Und ein immer größer werdender Sack mit teils abenteuerlich verstümmelten Pfeilen liegt auch zu Hause und wartet darauf, dass mir irgendwann einmal das Geld für neues Pfeilmaterial ausgeht oder mich die Langeweile überkommt. Ich befürchte allerdings, ich muss bald einen zweiten Pfeilleichensack herrichten.
Irgendwann kam ich dann drauf, dass mein Nockpunkt beim Reiterbogen für meinen Schießstil sehr beträchtliche ca 1,5 cm zu hoch angebracht war. Ab dann wurde der Bogensport ein bisschen billiger (aber nicht viel...).
Obwohl ich inzwischen seit Ende 2006 mit dem sog. Primbogen (Selfbogen, Historical Bow) zeitweise recht erfolgreich schieße, bleibt der Pfeileverschleiß bei den Holzpfeilen doch noch ein ständiges Thema. Aber ich kann jetzt inzwischen wenigstens ungeniert auch auf Turniere fahren, bei denen keine Verlosungen oder Doppelblind-Glücksschüsse stattfinden.
Wie kommen andere zum Bogensport?
Normalerweise auch aus Neugier, unter dem Motto: „Das wollte ich schon immer mal probieren.“
Besonders die Damen, die den anfänglichen Frust über Fehlschüsse überwinden (weil sie sehen, dass auch die anderen Damen voll daneben schießen—ja, zugegeben: auch manche Männer treffen manchmal ganz ganz knapp daneben!), werden erfahrungsgemäß mit schönen Erfolgen belohnt und schätzen vor allem die Möglichkeit, mit der ganzen Familie im Gelände unterwegs zu sein.
Ein dringender ernstgemeinter Appell an Eltern(teile): Kinder und Jugendliche sollten jedenfalls und ohne Ausnahme in einen Bogensportverein integriert werden und nur!! dort unter fachkundiger Aufsicht ihre Ausbildung machen, falls nicht ein Elternteil schon selbst genügend versiert im Bogensport ist.
Ein Verein in der Nähe kann leicht über die website des Bogensportverbandes gesucht werden: www.oebsv.com („Adresse/Sportanlagen“). Dort werden die Vereine nach Gebieten geführt. Achtung: Die Gerätschaften können großen Schaden anrichten. Auch die Bogen der Kinder werfen den Pfeil über weite Distanzen und sind bereits Sportgerät, aber kein harmloses Spielzeug. Erst wenn der Schütze/die Schützin gesehen hat, welche Kräfte beim Bogenschießen frei werden, sollte der Gang mit Verantwortung ins dafür vorgesehene Parcours-Gelände - mit ortskundiger erfahrener Führung - erfolgen.
Abgesehen davon kann (auch von den erwachsenen Interessenten) über einen Verein viel Geld gespart werden, weil man für den Beginn Ausrüstungsteile ausleihen kann und vor sinnlosen Anschaffungen gewarnt wird. Merke: Nur eine richtig zusammengestellte und für den Schützen/die Schützin individuell passende Ausrüstung macht sportliche Freude und schenkt Treffer. Der Jogger rennt auch nicht mit Filzpatschen in den Wald los.
Das Gerät:
„Jeder Bogen hat seinen Reiz“. So lautet das Motto des HSV Bogensport Absam und betrifft (obwohl dem Gerücht nach auch manche Absamer schon dort waren) nicht in erster Linie die verschiedenartigen Lokale in der berüchtigten Innsbrucker „Bogenmeile“ (Die hat ihren Namen davon, dass die Nachtschwärmerlokale in den vibrationsfest gebauten Bahnviadukt-Bögen der ÖBB untergebracht sind. Merke: Ein Bogen ist ein Bogen und kein Bogen).
Wie jedes wichtige Werkzeug des Menschen hat auch der Bogen die technische Weiterentwicklung der Menschheit begleitet. Daher ist ein moderner Compound-Bogen ein Präzisionsinstrument, gebaut aus modernsten Metall- und Kunststoffmaterialien, ausgestattet mit Wasserwaagen-Libelle, exzentrischen Metallrädern, verstellbarer Visiereinrichtung und mehreren meterlangen Stabilisatoren. Entsprechend diesem Aufwand ist (mit Carbon- und Aluminiumpfeilen) auch die perfekte Trefferquote auf 90 Meter und mehr gegeben.
Mein sehr geschätzter Vereins- und Arbeitskollege Lutz Bernd hat mit diesen „Maschinen“ bereits schöne Erfolge errungen und kann mehr dazu sagen (siehe seinen Beitrag).
Am gegenüberliegenden Ende der technischen Skala steht der von mir verwendete Typ des „Steinzeitbogens“, der je nach (Waffen-) Entwicklungsstufe des einzelnen Volkes in Verwendung war und auch heute noch bei einigen Stämmen unverändert verwendet wird: Im Prinzip ein gebogener Holzstock mit Schnur.
Wer als Kind selbst aus Weiden oder Haselstauden seinen Bogen gebastelt hat, weiß allerdings, dass der Effekt ohne zusätzliches Wissen sehr bescheiden bleibt. Damit also ein wettkampftauglicher sog. „Primitivbogen“ entsteht, braucht es schon weit mehr als ein „primitives“ Vorgehen. So kommt es zu Preisen von ca 500 Euro (und auch mehr) für einen individuell gefertigten sog. „Primbogen“ oder „Selfbow“. Der ist dann allerdings ein persönliches Unikat und eben tauglich für präzise Schüsse auf bis zu 60 Meter. Die Tragweite liegt bei ca 180 Metern, da lässt dann allerdings die Trefferquote signifikant nach. Die Spanier haben anscheinend seinerzeit Versuche mit Bogen der feindlichen Indianer gemacht und notierten sinngemäß: „Auf 80 Meter wird ein nackter Mann vom Pfeil durchschlagen.“ Ob er da bei diesem Test vorher noch lebendig war, wird nicht vermerkt.
Die Definition für den „Historical Bow“ lautet gemäß Regelwerk der IFAA sinngemäß:
Der Bogen darf nur mit Holzpfeilen mit Naturfedern geschossen werden und muss einem Design entsprechen, das vor 1900 in Verwendung war. Der Bogen selbst darf also schon neu sein, aber sein Typ und die Materialart muss von vor 1900 stammen. Fiberglas ist daher dadurch ausgeschlossen—außer man findet bei Ötzi evtl noch entsprechendes Material.
Was reizt mich am 3D-Bogensport im Gelände?
Ich rede jetzt nicht vom urtümlichen Jagdtrieb, von mystischen Erlebnissen durch den spirituellen Kontakt mit unseren Vorfahren oder von der herausragenden Persönlichkeitsbildung für das Berufsleben durch das Erlernen des „Loslassens“. Für mich ist es vordergründig ganz simpel die Möglichkeit, mit fast durchwegs angenehmen Gleichgesinnten die Freizeit im Gelände und dann später auch beim abendlichen Zusammensitzen zu verbringen. Manchmal gelingt auch noch ein toller Schuss unter schwierigen Bedingungen mit Erinnerungswert und macht besondere Freude. Eine WM besucht man ja nicht so oft und auch in der Zwischenzeit möchte ich die Freizeit bei körperlicher Bewegung draußen genießen.
Derzeit ist diese Outdoor-Sportart noch jung und weitgehend ohne Belastung durch Profitgier und Neid. Vergleichbar mit dem Schisport, als die Abfahrer am Patscherkofel noch im Tiefschnee über Viehzäune kletterten oder die Slalomfahrer selbst nach dem Zurücksteigen zu einem ausgelassenen Tor noch immer vorne mitmischen konnten.
Wenn es nur ausschließlich um die erreichte Punktezahl ginge, hätte ich schon vor Jahren, zu Zeiten meines Reiterbogens, aufhören müssen. Wobei ich inzwischen auch mit diesem schwierigeren Bogen spaßhalber ganz achtbare Ergebnisse erzielen kann.
Es ist einfach schön, in diesen unschuldigen Anfängen dabei zu sein und die schlichte Freude am Hobby mit – inzwischen sogar internationalen - Erfolgen zu verbinden.
Richard Mayer
Weitere Erfolge von Richard Mayer:
Österreichischer Meister 2011 im Historical Bow (Senioren)
2. bei der Tiroler Meisterschaft 2011 (Senioren).
Tiroler Landesmeister auf 18 Meter in der Mannschaft 2008 und 2009
1. Platz Österr. HSV Meisterschaft in Brand 2007
Tiroler Landesmeister 2007
3. Platz bei der EAA-Europameisterschaft 2007 in Moosburg
17. Platz bei der WBHC 2007 in der Schweiz in der Klasse HB (Historical Bow), (Jagdbogen-Weltmeisterschaft--Das war der erster größere internationale Auftritt.
Schade, dass es keine Olympiade war, weil Richard am ersten Tag am 3. Platz war.)
2. Rang Österr. Meisterschaft 2007 in Henndorf
2. Platz Tiroler MS 2008, dort zugleich 1. Platz Mannschaft
Silbermedaille in der ÖM Fita 3D 2008 in Hallwang
Silber bei der ÖM 2008 IFAA in Theißenegg
6. Platz bei der IFAA EBHC 2008 (Jagdbogen-Europameisterschaft) in Estland in der Klasse HB (Historical Bow)
3. Platz beim Bewerb "Lienz 100" 2008 (100 Scheiben im Gelände an einem Tag zu schießen)
3. im österreichweiten Mailmatch 2008/2009
7. Platz bei der IFAA WBHC 2009 (Jagdbogen-Weltmeisterschaft) in den USA in der Klasse HB (Historical Bow)
Nicht zu reden von Platzierungen unter den ersten 3 bei berühmten Turnieren wie Saalfelden, Dolomitenturnier, Planneralm, Scharnitzer Speckschießen, Thalgau, Jochberg, Zams, Leithen, Glemmerhofer Nachtschießen, Bachwinkl, Kühtai etc.